Erstmals ist es Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Alternsforschung, Fritz-Lipmann-Institut (FLI), und des Biotech-Unternehmens Mosaiques diagnostics gelungen, die Unterschiede des normalen und krankheitsbedingten Alterns auf molekularer Ebene zu belegen. Mit anderen Worten: Anhand bestimmter chemischer Elemente und Verbindungen im menschlichen Körper können die Forscher jetzt Rückschlüsse darauf ziehen, inwiefern der jeweilige Alternsprozess vorliegt, beziehungsweise vorangeschritten ist.
Jeder Mensch altert auf zwei Arten: Das primäre, beziehungsweise physiologische Altern basiert auf einem zellulären Prozess, der unabhängig von möglichen bestehenden Krankheiten abläuft. Er kann nicht beeinflusst werden und ermöglicht uns eine maximale Lebenszeit von 120 Jahren.
Das sekundäre Altern hingegen basiert auf Krankheiten oder einer ungesunden Lebensführung, welche zur Verkürzung der maximalen Lebenszeit führen.
Die Forscher haben eine Möglichkeit gefunden, diese beiden Alternsprozesse zu erkennen und zu unterscheiden. Der Urin von 1.227 gesunden und 10.333 kranken Personen wurde auf molekularer Ebene mittels einer neuartigen Proteomanalyse untersucht. Sie erkennt Veränderungen im Körper, also auch Alternsprozesse, durch die Analyse spezifischer Muster von Eiweißen beziehungsweise ihrer Fragmente (Peptide).
Es konnten bestimmte Peptide analysiert werden, die sowohl beim primären als auch beim sekundären Altern eine Rolle spielen. Andere Eiweißverbindungen wiederum wiesen entweder nur auf das primäre Altern oder auf bestimmte vorliegende Krankheiten und somit auf Prozesse des sekundären Alterns hin.
Dieses Ergebnis ist bahnbrechend, weil auf diese Weise bestimmte Krankheiten, die das Leben möglicherweise verkürzen, bereits zu einem früheren Zeitpunkt als bisher erkannt werden können. Vor diesem Hintergrund ergeben sich viele Möglichkeiten in der Therapieforschung, um beispielsweise Medikamente zu entwickeln, die in einem früheren Stadium als bisher die Krankheiten therapieren, bevor beispielsweise bereits ein krankheitsbedingter Organschaden eingetreten ist. Aber auch durch eine frühere Lebensstiländerung könnte das krankheitsbedingte Altern rechtzeitig aufgehalten werden.
Bhat A, Klein J, Jankowski V, et al.
Identification of ageing-associated naturally occurring peptides in human urine
Oncotarget
9/2015